Teil 2 der Interviewreihe zum Gewaltlosen Widerstand
Im ersten Teil der Interviewreihe zum Gewaltlosen Widerstand haben die Mitarbeiterinnen Jenny Schmarewski und Eva Huber anhand des Leitsatzes „Gewalt akzeptieren wir in keiner Weise“ das Grundprinzip des Gewaltlosen Widerstandes erklärt . Wichtig ist es, beharrlich zu sein und eine starke Haltung zu haben, sich nicht in Eskalationen hineinziehen zu lassen.
In diesem 2. Teil der Reihe geht es um kalte Eisen und Beziehungsangebote.
„Ich halte dich aus. Ich verlasse dich nicht. Ich lasse dich nicht alleine.“
Neben der klaren Haltung ist es entscheidend, beim Kind zu bleiben und immer wieder zu vermitteln, dass man für es da ist und immer wieder Beziehungsangebote macht. „Ich bleibe da, auch wenn es herausfordernd ist. Ich bleibe dir zugewandt. Ich halte dich aus. Ich lasse dich nicht alleine.“
Schmarewski erzählt, dass sie einmal, als sie noch im Anerkennungsjahr in der Tagesgruppe war, sehr beeindruckt war, als ein Kollege, der schon viele Jahre in der Tagesgruppe arbeitete, einem Kind, das an diesem Tag ein sehr herausforderndes Verhalten gezeigt hat, von Raum zu Raum immer hinterhergelaufen ist und immer wieder beharrlich betont hat: „Ich bin da für dich, ich bleibe bei dir“. Als das Kind bereit war und seine Wut niederlegen konnte, ist es weinend zusammengebrochen und konnte endlich erzählen, was es wirklich im Inneren belastet. Der Pädagoge hatte einen Zugang zum Kind, konnte ihm zuhören und das Kind so wertschätzen.
Auch hier muss man beharrlich sein und mit langem Atem immer wieder sage „Ich bin da für dich“, „Du bist mir wichtig.“
„Du bist mir wichtig“
„Wichtig ist neben dem klaren Benennen der eigenen Position immer wieder Beziehungsangebote zu machen“, erklären Huber und Schmarewski. Eine solche Beziehungsgeste könnte im häuslichen Rahmen zum Beispiel sein, immer wieder das Lieblingsessen des Kindes zu kochen, auch wenn es dieses anfangs vielleicht gegen die Wand schmeißt oder es ignoriert. Es geht darum dran zu bleiben, dem Kind zu zeigen, dass es wichtig ist.
„Schmiede das Eisen, wenn es kalt ist“
Dieser Leitsatz sagt, dass man in die Beziehung investieren soll, bevor es eskaliert. D.h. man signalisiert dem Kind von Anfang an, dass man es gut mit ihm meint und für es da ist. Auch hier können potentielle Situationen vorbesprochen werden, damit es für das Kind transparent ist, welche Möglichkeiten in Situationen der Eskalation gegeben sind. Dies vermittelt eine klare Struktur, Sicherheit und Vorhersehbarkeit. Auch wenn es brenzlich wurde, ist es wichtig Situationen nach zu besprechen, um gemeinsam mit dem Kind an dem Verhalten arbeiten zu können.
„Ich komme darauf zurück. Wir überlegen uns etwas.“
Wenn in dem Moment keine Lösung zu finden ist, das Kind nicht aufhört mit dem problematischen Verhalten, dann kann man sagen: „Ich komme darauf zurück. Wir – die Erwachsenen- überlegen uns etwas“. Dies schafft Zeit und erlöst von dem Gefühl, in der Situation die perfekte Lösung parat haben zu müssen. Man kann dann ein paar Minuten nach der Situation, aber auch erst zwei Tage später darauf zurückkommen und die Situation noch mal ansprechen.
Jenny Schmarewski erzählt, dass sie während ihres Anerkennungsjahres einmal Stress mit einem Kind auf der Heimfahrt von der Tagesgruppe hatte, da sich das Kind einfach abgeschnallt hatte. Irgendwie haben sie die Situation mit „Ach und Krach“ für den Moment gelöst. Am nächsten Tag hat sie mit ihrer Anleiterin über den Vorfall gesprochen und wollte das auch mit dem Kind nochmal klären. „Geht doch mal ein Eis essen,“ meinte daraufhin die Anleiterin. Schmarewski war damals zunächst überrascht, denn nach dem „alten Denken“ würde man ein problematisches Verhalten ja nicht mit einem Eis belohnen. Dieses Beziehungsangebot- das gemeinsame Eis essen-, war jedoch der entscheidende Punkt. Währenddessen haben sie geredet und das Kind hat erzählt, dass es zurzeit zuhause nicht so leicht ist. Danach hatten beide eine sehr gute Beziehungsebene und konnten offen Probleme besprechen.
Bereits veröffentlicht
Teil1: „Gewalt akzeptieren wir in keiner Weise“- der lange Atem des Gewaltlosen Widerstands
Es folgen
Teil 3: „Ich hole Hilfe ins Boot“- von „Sit Ins“ und Ankündigungen
Teil 4: Konkret gefragt Was, wenn das Kind nicht aufhört zu hauen? Von Wiedergutmachungen statt Entschuldigungen