„Gewalt akzeptieren wir in keiner Weise“ – der lange Atem des Gewaltlosen Widerstands

Teil 1 einer Interviewreihe zum Gewaltlosen Widerstand

Foto: Jenny Schmarewski

Das ist einer der Leitsätze, die Jenny Schmarewski und Eva Huber aus der Fortbildung zum Gewaltlosen Widerstand mitgenommen haben.  Sie arbeiten beide in der Mobilen Praxis. Jenny Schmarewski in der Tagesgruppe und Eva Huber als Schulsozialarbeiterin. Die Fortbildung, die von Petra Girolstein geleitet wurde, hat bereichsübergreifend stattgefunden mit Kolleg*innen aus den Tagesgruppen, der Schulsozialarbeit sowie der Sozialpädagogischen Familienhilfe und dem Sozialcoaching.  In der Mobilen Praxis werden regelmäßig Mitarbeitende im Gewaltlosen Widerstand fortgebildet.

Gewaltloser Widerstand

Der gewaltlose Widerstand ist eine der vielen Methoden, die bei der Arbeit  in der Mobilen Praxis angewendet werden. Bekannt ist das Prinzip vor allem durch den gewaltlosen politischen Widerstand von Mahatma Gandhi und Martin Luther King. Der israelische Psychologe Haim Omer hat es auf die Erziehung und Erziehungshilfe und Betreuungseinrichtungen übertragen.

Jenny Schmarewski und Eva Huber erklären in einer Interviewreihe anhand von Leitsätzen, was unter dem Gewaltlosem Widerstand in der Erziehungshilfe verstanden wird.

Teil 1  „Gewalt akzeptieren wir in keiner Weise“- der lange Atem des Gewaltlosen Widerstands

„Oft gibt es in den Familien, die wir betreuen, eine Spirale aus Gewalt“, erzählen die beiden. „Die Kinder oder Jugendlichen zeigen ein problematisches Verhalten, die Erwachsenen schimpfen und bestrafen das Kind und drohen harte Konsequenzen an. Sie kämpfen darum, wer die Macht hat, wer gewinnt, und oft wird von Seiten der Erwachsenen, um Macht zu demonstrieren, aus Hilflosigkeit emotionale, sprachliche und auch handgreifliche Gewalt ausgeübt. Diese Spirale der Gewalt wird mit den Methoden des Gewaltlosen Widerstands durchbrochen.“

„Ich muss nicht siegen, es reicht beharrlich zu sein“

„Beim Gewaltlosen Widerstand geht es nicht darum, zu gewinnen, sondern darum, bei problematischem Verhalten der Kinder immer und immer wieder zu sagen, dass wir Erwachsenen dieses Verhalten des Kindes nicht akzeptieren. Wir zeigen unseren Widerstand, aber ohne Gewalt anzuwenden“, bekräftigen Schmarewski und Huber und geben zu: „Dies erfordert einen langen Atem. Man muss sich immer wieder sagen: Ich muss nicht siegen, es reicht beharrlich zu sein“.

„Starker Halt durch starke Haltung“.

„Statt der ‚alten Autorität‘ mit Strafen, harten Konsequenzen und Hierarchie-Gedanken, gibt es nun die ‚neue Autorität‘, die mit dem Gewaltlosen Widerstand eine neue Präsenz und Haltung der Erwachsenen vermittelt“, erklären Schmarewski und Huber. Die Erwachsenen sind nicht länger die Machtlosen, auf die das Kind eh nicht hört und die deswegen immer verzweifelter und härter ihre Macht demonstrieren müssen. Die Erwachsenen sind stattdessen klar und stark in ihrer Haltung und sagen dem Kind, was sie nicht in Ordnung finden. Sie lassen sich nicht in Eskalationen hineinziehen, sondern steigen aus der Gewaltspirale aus.

„Ich bleib bei mir, ich bleibe klar!“

„Das Mantra für die Erwachsenen ist: Ich bleibe bei mir, ich bleibe klar. Wichtig ist, klar zu sagen, dass das Kind selbst in Ordnung ist, nur das Verhalten nicht“, betonen Schmarewski und Huber. „Es geht immer um die Beziehung. Wichtig ist, dass den Erwachsenen bewusst ist, sie tragen die Verantwortung für die Beziehungsgestaltung.“

Es folgen

Teil 2 „Ich halte dich aus, ich bleibe bei dir“ – von kalten Eisen und Beziehungsangeboten

Teil 3: „Ich hole Hilfe ins Boot“- von „Sit Ins“ und Ankündigungen

Teil 4: Konkret gefragt:  Was, wenn das Kind nicht aufhört zu hauen?  – von Wiedergutmachungen statt Entschuldigungen